Dienstag, 19. Dezember

Herr K. fährt Auto

 

Herr K. hatte gelernt, Auto zu fahren, fuhr aber zunächst noch nicht sehr gut. „Ich habe erst gelernt, ein Auto zu fahren“, entschuldigte er sich. „Man muss aber zwei fahren können, nämlich auch noch das Auto vor dem eigenen.

 

Nur wenn man beobachtet, welches die Fahrverhältnisse für das Auto sind, das vor einem fährt, und seine Hindernisse beurteilt, weiß man, wie man in Bezug auf dieses Auto verfahren muss.“

 

 

Zwei Fahrer

 

Herr K. befragt über die Arbeitsweise zweier Theaterleute, verglich sie folgendermaßen:

„Ich kenne einen Fahrer, der die Verkehrsregeln gut kennt, innehält und für sich zu nutzen weiß. Er versteht es geschickt, vorzupreschen, dann wieder eine regelmäßige Geschwindigkeit zu halten, seinen Motor zu schonen, und so findet er vorsichtig und kühn seinen Weg zwischen den andern Fahrzeugen.

 

Ein anderer Fahrer, den ich kenne, geht anders vor. Mehr als an seinem Weg ist er interessiert am gesamten Verkehr und fühlt sich nur als ein Teilchen davon. Er nimmt nicht seine Rechte wahr und tut sich nicht persönlich besonders hervor. Er fährt im Geist mit dem Wagen vor ihm und dem Wagen hinter ihm, mit einem ständigen Vergnügen an dem Vorwärtskommen aller Wagen und der Fußgänger dazu.“

                                                                                                                                          

 Berthold Brecht

                                                                                                                                Hirschgraben Lesebuch 7