Kirchengemeinde Markt Erlbach

Frau Kühn, als Lektorin haben Sie, hier in Markt Erlbach und auch in vielen anderen Gemeinden im Umkreis,

schon sehr oft Gottesdienste gehalten. Was hat Sie bewogen nun die Ausbildung zur Prädikantin zu machen

und was ist eigentlich der Unterschied zwischen Lektorin und Prädikantin?

 

2005 wurde ich als Lektorin eingesegnet und war so doch schon eine ganze Zeitlang aktiv. Ich erlebte, dass den Prädikanten mehr Freiheiten innerhalb ihrer Gottesdienstgestaltung zu standen und sie auch freiere Gottesdienste oder besondere Gottesdienste abhalten durften. Dies ist allerdings immer abhängig von der Zusammenarbeit innerhalb der Ortsgemeinde.

Als Lektor ist man stark an die Gottesdienstordnung der bayrischen Landeskirche gebunden und es wird erwartet, diese auch strikt einzuhalten. Ich wollte mein Wissen über biblische Zusammenhänge erweitern, sie besser verstehen, mir einfach mehr theologisches Wissen aneignen. Ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung ist natürlich auch das Schreiben der Predigt. Für mich waren lauter interessante Lehrinhalte in der Ausbildungsausschreibung vorhanden und so habe ich mich nach Absprache mit dem Pfarramt angemeldet.

Unterschiede in der Ausbildung sind:

Bei der  Lektorenausbildung:

Stehen die Einzelteile des Gottesdienste: Eröffnung-Hauptteil-Abschluss im Mittelpunkt.

Die geschichtliche Entwicklung der Gottesdienstordnung wurde ausführlich behandelt. Warum sind einzelne Bestandteile im Gottesdienst wichtig und nicht einfach nach Gutdünken austauschbar oder  auswechselbar.

Wichtig ist auch die Gottesdienstliche Präsenz. In praktischen Einheiten wird der Auftritt vor der Gemeinde geübt und reflektiert. Was mache ich mit meinen Händen, wo und wann drehe ich mich zum Altar oder zur Gemeinde.

Auch das liturgische Singen wird geübt, es besteht aber keine Verpflichtung dies auch durchzuführen.

Zusätzlich gibt es bei der Lektorenausbildung den biblischen Teil. Ein Wochenende wird über das AT und über das NT gesprochen. 

 

Wie läuft die Ausbildung zur Prädikantin ab.

 

In der Prädikantenausbildung waren  8 Wochenenden, die über biblische Themen,  das Glaubensbekenntnis, das Vater unser, über Beichte und Abendmahl, über die Predigtvorbereitung und deren Vortrag gearbeitet wurde. Es wurden auch praktische Übungen durchgeführt im Zusammenhang mit dem Abendmahl, des Predigtvortrags und des Predigthörens.

Die Wochenenden begannen am Freitagabend und endeten mit Hausaufgaben nach dem gemeinsamen Mittagessen am Sonntag.

Um den Kurs erfolgreich abzuschließen durfte man nur 1x fehlen. Verpasst man mehrere Wochenenden muss man diese in anderen Kursen nachholen und die Ausbildung verzögert sich nach hinten.

Der Abschluss der Ausbildung ist der sogenannte Prüfungsgottesdienst, an dem die eigenformulierte Predigt vorgetragen wird und nach dem Gottesdienst der gesamte Gottesdienst besprochen wird. Auch muss der Prüfling eine Stellungnahme über seinen eigenen Glaubensstand verfassen. Wo stehe ich selbst im Glauben. Was sind mir im Laufe des Lebens wichtige Glaubensstützen geworden, z. B.  Bibelstellen, Konfirmationsspruch, Lebensverse. Was sind wesentliche Inhalte, die mir in der lutherischen Kirche wichtig sind.

Warum soll die bayrische Landeskirche mich als Gottesdienstleiter akzeptieren und sich gut von mir vertreten wissen.

Dazu gehört auch ein persönliches Gespräch mit dem Regionalbischof, welches bei mir noch aussteht. Zusätzlich wird mit dem Prädikanten eine schriftliche Dienstordnung vereinbart. Dies wird in neuerer Zeit bereits mit Lektoren vereinbart um eine bessere Verbindlichkeit mit der Landeskirche herzustellen.

Auch ist von der Landeskirche das Tragen eines Prädikantentalars erwünscht. Dies erfolgt in Absprache mit dem Kirchenvorstand. Bei mir ist er schon genehmigt und bereits in Arbeit. Das Dekanat kann den Prädikanten zusätzlich mit der Beauftragung zur Feier des heiligen Abendmahls, innerhalb der Ortsgemeinde beauftragen. Dies wurde bei mir abgelehnt mit der Begründung es bestünde innerhalb des Dekanats kein Bedarf.

 

Sie haben nicht Theologie studiert, aber Sie dürfen den Gottesdienst leiten, sogar selbst die „Predigt machen“,

also keine Lesepredigt wie als Lektorin – aber es ist doch noch Ehrenamtlich?!  Bereitet sich unsere Kirche so

auf das kommende Problem der „Pfarrer losen Zeit“ vor?

 

Der Prädikantendienst ist weiterhin ehrenamtlich. Die Ausbildung wurde über die Kirchengemeinde finanziert, ebenso die Kosten für den Talar. Die Fahrtkosten werden über das Dekanat erstattet.

Ob die Prädikanten die Antwort auf die weniger werdenden Pfarrer sind, ist schwer zu sagen. es gab schon immer Prädikanten und die weniger werdenden Pfarrer haben auch mit dem weniger werdenden Interesse der Gesellschaft an der Frohen Botschaft und an Glaubensfragen zu tun. Prädikanten werden NIE den Pfarrer ersetzten oder ihn überflüssig werden lassen. Jeder Prädikant arbeitet normalerweise noch in einem Erwerbsberuf und hat nur begrenzt Zeit, sich in der Kirchengemeinde einzubringen.

 

Wie kommen Sie mit dem mitunter „sehr guten“ Kirchenbesuch zurecht? Vor leeren Kirchenbänken predigt

niemand gerne – denke ich mal – auch unsere Pfarrer nicht.

 

Der Kirchenbesuch ist ein schwieriges Thema.

Ich freue mich über jeden Besucher der kommt; ob aus Neugierde, wer da den Gottesdienst hält, oder aus echtem Interesse. Ich weiß nicht wann und wo der Geist Gottes weht. Er weht wann und wo er will. Aber jeder hat das Recht auf einen gutgeplanten, gut vorbereiteten und gut durchgeführten Gottesdienst.  Ich kann mich mit meinen Fähigkeiten nur in den Dienst stellen. Ich bin auch Lektorin geworden um den Menschen zu zeigen, dass es in einer Gemeinde nicht nur alte Menschen (Kirchenbesucher) gibt, sondern dass sich auch jüngere aktiv im Gottesdienst einbringen.

Die einzelnen Gemeindemitglieder haben evtl. noch nicht verstanden, was es heißt in Freiheit und jeden Sonntag kostenlos Gottesdienst feiern zu dürfen. vor allem auch in einer geheizten Kirche, mit Orgelmusik und Gesang. Betriebswirtschaftlich ist der Gottesdienstaufwand mit den Besuchern und dem Vorbereitungsaufwand nicht erklärbar. Aber wir halten es mit Jesus. Wo zwei oder drei in deinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter Ihnen.

Ich habe aber auch Verständnis, für jeden der nicht kommt aus welchen Gründen auch immer. In unserer Gesellschaft wird so viel geboten, dass manche meinen, Gottesdienst kann ich auch noch später im Alter machen, jetzt will ich etwas erleben. da passt kein Gottesdienst.

Aber wie soll ich mich im Gottesdienst wohl fühlen oder sogar heimisch werden, wenn ich nie da bin? Wenn ich keine Verbindung mit meiner Gemeinde und mit Gott führe, wird die Beziehung nur schwer erhaltbar und von Bestand sein. Sie wird eher zerbrechen und ich komme überhaupt nicht mehr in den Gottesdienst.

Ich bin niemanden Böse, der nicht in den Gottesdienst kommt. Er tut sich selbst nichts Gutes damit.

Aber es wäre gelogen, wenn ich mich nicht über jeden Besucher freuen würde der kommt.

 

Sie haben eine kräftige Stimme und eine sehr gute Aussprache, auch der Gesang lässt keine Wünsche mehr offen.

Hatten Sie schon Beschwerden nicht verstanden zu werden??? Es gibt ja sehr viele Menschen mit Hörproblemen!

 

Es ist auch schön, wenn man positive Rückmeldungen erhält. so kann man den Gottesdienstbesucher gleich für die nächste Woche wieder einladen. Für meine Aussprache habe ich bisher nur gutes gehört. die beste Rückmeldung war: „Ich habe alles verstanden-Sie können ruhig öfter zu uns in die Gemeinde kommen.“

Wer Hörprobleme hat, sollte sich nicht scheuen, dem Prediger oder mir seine Schwierigkeiten kund zu tun, nur so kann man versuchen es beim nächsten Mal besser zu machen.

 

Wo predigen Sie lieber? In Markt Erlbach oder auswärts?

 

Wo predige ich lieber?

Das ist eine ganz schwierige Frage. In ME habe ich Heimvorteil, kenne mich in der Kirche aus. Die Gemeinde hat aber auch bestimmte Vorstellungen und Erwartungen, die man vielleicht nicht immer gleich gut erfüllen kann. In ME habe ich viele Helfer. Hier gibt es den Leselektor, den liturgischen Chor, die mir enorm helfen.

In kleineren Gemeinden muss (darf) ich alles selbst tun. In kleineren Kirchen hat man einen besseren, engeren Kontakt zu den Zuhörern und der Funke springt vielleicht schneller oder leichter über.

In ME fühle ich mich  manchmal  in unserem großen Chorraum etwas alleine und weit entfernt von der Gemeinde. Auf der Kanzel ist der Kontakt aber wieder gut.

Für die Flexibilität und die Abwechslung und für den Blick über den Tellerrand ist es gut auch in anderen Kirchengemeinden Dienst zu tun.

In ME, Linden und Jobstgreuth als meine Heimatgemeinde ist es besonders wertvoll, wenn man den Rückhalt und die Wertschätzung der einzelnen Gottesdienstbesucher spürt.

Unser Gemeindeglied Monika Kühn, Lektorin und u. a. aktiv im Posaunenchor, hat sich zur Prädikantin ausbilden lassen. Wir haben nachgefragt und das sind die Ergebnisse des Gesprächs.

 

Da im Gemeindebrief der „Platz“ begrenzt ist haben wir uns dazu entschlossen, hier das Gespräch in voller Länge zu bringen

 

 

Mit Monika Kühn Im Gespräch

Bilder: Frau Kühn im Urlaub und beim Posaunenchorjubiläum