Blickpunkt

Mit einer  kleinen Faltkarte und den leuchtenden Apfelbildern im Innern hatten mir die zwei Konfirmandinnen  an der Kirchentür schon die „Predigt“ in die Hand gedrückt.

 

Zunächst aber genoss ich den schönen Blick nach vorne: - über die vielen Köpfe einer großen Gottesdienst-Gemeinde hinweg – zum   Altarraum,  gefüllt mit unzähligen Erntegaben – von Äpfeln bis Zucchini – phantasievoll und liebevoll von Frau Krämer und ihrem Team  gestaltet. Die große Holzkiste am Eingang –  mit verarbeiteten Lebensmitteln – von Zucker und Mehl bis zur Zahnpasta - als Spende für die „Tafel“ in Neustadt gedacht—ist  eine  sehr sinnvolle  gute Idee unseres Kirchenvorstandes.

 

In ihrer Predigt zeigte Frau von Rotenhan an der Lebensgeschichte des katholischen Priesters Korbinian Aigners, wie das Leben mit der Natur und im Glauben an Gott gelingen kann.

 

Korbinian Aigner (*1885 - + 1966) ist als „Apfelpfarrer“ bekannt geworden. Auf einem Bauernhof aufgewachsen interessierte er sich  schon als Kind   für Äpfel und Birnen. Sein ganzes Leben lang widmete er sich den  verschiedenen Sorten, ihrer Pflege, ihrer Züchtung und er malte sie auch. Über 1000 postkartengroße Apfelbilder sind erhalten und sogar auf der „Dokumenta 2013“ ausgestellt worden.   Als seinen Beruf wählte er allerdings den eines Priesters. Seine Vorgesetzten waren mit seiner „doppelten Berufung“ nicht immer einverstanden. Der Apfelpfarrer ließ sich aber dadurch nicht verunsichern.   Dem Hitler-Regime gegenüber verhielt er sich sehr kritisch und verweigerte mutig alle geforderten  Anpassungen. Deshalb kam er auch mehrmals in Konzentrationslager-Haft. In Dachau, wo er zu Zwangsarbeit verpflichtet wurde, gelang es ihm, Apfelbaumstecklinge zwischen die Baracken zu pflanzen und dabei den Mithäftlingen Freude zu bereiten. Bis zu seinem Lebensende – er starb 1966 im Alter von 81 Jahren - war ihm sein  zweifacher Dienst an Gottes Schöpfung wichtig. 1985 wurde eine Apfelsorte nach ihm benannt – der  Korbiniansapfel.

 

An die Schilderung dieses eindrücklichen Lebens knüpfte Frau von Rotenhan an, was  wir angesichts unserer heutigen Beunruhigungen und Ängsten daraus mitnehmen können: die Dankbarkeit für alle guten Gaben, die Gott für uns bereithält und auch für  die Möglichkeiten mit seinen Gaben gut umzugehen…. Sie erinnerte an diese  Worte, die uns Mut machen können:

 

HERR, Deine Güte reicht,  soweit der Himmel ist.  Psalm 36

Gott wickelt seinen Segen gar zart und künstlich ein! EG 508

 

Endgültig zu einem ganz besonderen  Fest wurde dieser Gottesdienst durch die musikalische Begleitung unseres Posaunenchores: Den Anfang machte das: „Rondo Barocco“ von Raimund Schächer, nach der Predigt hörten wir „Seid fröhlich in Hoffnung“ von Jens Uhlenhoff, und zum Schluss von Georg Friedrich Händel das schöne: „Lascia ch’io pianga.“

 

Nach dem herzlichen Applaus strömten die Besucher zum Altarraum, um sich das Erntedankkunstwerk aus der Nähe zu betrachten und zu freudigen Wiedersehensgesprächen.

 

Christel Fleischmann

 

 

Mein Bericht vom Erntedankfest-Gottesdienst am 6. Oktober 2024

 

„Er wickelt seinen Segen gar zart und künstlich ein“