Ev.–Lutherische Kirchengemeinde Markt Erlbach

12. Juni 2020

Biologische Schädlingsbekämpfung in unserer Kilianskirche - Kanzel und Läutstube

In der Läutstube

Biologische Holzwurmbekämpfung in Markt Erlbach –

 

Mit dem natürlichen Gegenspieler gegen den Nagekäfer Anobium punctatum

 

Der Nagekäfer Anobium punctatum, im Volksmund als „Holzwurm“ bekannt, gehört zu den Holzschädlingen, der in Kirchen, Baudenkmälern und Museen große, z.T. verheerende Schäden an der Bausubstanz oder wertvollen Altären und Ausstellungsstücken anrichten kann. Herkömmliche Behandlungsmethoden sind oft aufwändig und teuer und können mit erheblichen Risiken verbunden sein.

 

In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Markt Erlbach wird ein innovativer, biologischer Weg gegangen, die diese Risiken umgeht. Der natürliche Feind des Holzwurms, eine kleine parasitische Schlupfwespe namens Spathius exarator wird dabei in der Kirche ausgesetzt und übernimmt die Bekämpfung der befallenen Kanzel und des Sakristeibodens. Die Weibchen dieser Art werden bis 9 mm lang und verfügen über einen körperlangen Legebohrer für die Eiablage. Bereits aus einiger Entfernung erkennen sie das Vorhandensein von Holzwurmlarven in den Fraßgängen im Inneren des Holzes. Nach der Lokalisierung der Beute sticht das Weibchen den Legebohrer durch das Holz und lähmt zunächst den Holzwurm. Danach wird ein einzelnes Ei auf der Holzwurmlarve platziert. Nach wenigen Tagen schlüpft eine Wespenlarve aus dem Ei und ernährt sich von der gelähmten Holzwurmlarve. Ist die Larvalentwicklung abgeschlossen, verpuppt sich die Wespe an Ort und Stelle und schlüpft später als ausgewachsene Wespe durch ein kleines Loch ins Freie.

 

Eine Behandlung sieht folgendermaßen aus: im Zeitraum von Mai bis Oktober erfolgen pro Jahr je nach Befallsstärke etwa 4 Freilassungen der Nützlinge im Abstand von 4 bis 6 Wochen. Zu Beginn wird die Stärke des Holzwurmbefalls an festgelegten Bereichen anhand der Schlupflöcher erwachsener Käfer untersucht, um einen Vergleichswert zu haben. Da sich die Ausfluglöcher von Holzwürmern und Schlupfwespen in der Größe unterscheiden – die der Käfer sind ca. 2mm groß und die der Wespen ca. 0,5mm – kann die Anzahl neu geschlüpfter Käfer bzw. Wespen bestimmt werden. Dabei steht jedes neue Schlupfloch eines Holzwurmes für einen überlebenden und jedes neue Schlupfloch einer Wespe für einen getöteten Käfer. Anhand dieser Daten kann der Rückgang neu geschlüpfter Nagekäfer pro Behandlungsjahr errechnet und mit unbehandelten Objekten bzw. dem ursprünglichen Wert verglichen werden. In zurückliegenden Behandlungen konnte so bereits nach dem 2. Jahr ein Rückgang neu geschlüpfter Nagekäfer um durchschnittlich 60 %, nach drei Behandlungsjahren bis zu 90% festgestellt werden.

 

Die Vorteile liegen auf der Hand: während bei einigen herkömmlichen Methoden Kirchen ganz oder teilweise für den Publikumsverkehr abgesperrt werden müssen, möglicherweise auch über einen längeren Zeitraum, können bei der biologischen Schädlingsbekämpfung die Menschen weiterhin die Kirche besuchen, während die Wespe den Holzwurm bekämpft. Eine Belästigung der Kirchenbesucher durch eine „Wespeninvasion“ ist nicht zu befürchten, da die erwachsenen Nützlinge sehr versteckt am Holz und deren Larven direkt im Holz leben. Darüber hinaus sterben die erwachsenen Tiere ab, wenn sie keine Holzwurmlarven als Nahrung mehr finden. Auch die häufig geäußerte Befürchtung, dass durch die Wespen ein Schaden am Holz entstehen könnte, kann einfach widerlegt werden: der eigentliche Schaden entsteht ganz verborgen durch die Fraßtätigkeit der Holzwurmlarven und hört in dem Moment auf, wo ein Wespenweibchen eine Holzwurmlarve mit ihrem Legebohrer lähmt.

 

Die Schädlingsbekämpfungsfirma APC-AG mit Sitz in Nürnberg, die diese Methode entwickelt hat, blickt auf eine mehrjährige Praxiserfahrung zurück und hat bereits über 160, z.T. stark befallene Objekte in Deutschland und im europäischen Ausland, erfolgreich behandelt. Unter folgendem Link finden Sie einen faszinierenden Kurzfilm über die Biologie des Nützlings:

Dr. Judith Auer

https://www.apc-ag.de/biologische-physikalische-schaedlingsbekaempfung/schaedlingsbekaempfung-mit-nuetzlingen/

 

Lebenszyklus der Schlupfwespe:

Der Nützling lokalisiert ihren Wirt im Holz, lähmt ihn (A), gefolgt von der Eiablage auf die Holzwurmlarve (B). Die Wespenlarven ernähren sich von den Käferlarven (C). Die Holzwurmlarven sterben, die Schlupfwespenlarven verpuppen sich (D) und schlüpfen etwa 28 bis 30 Tage nach der Eiablage.

 

Hoffentlich wird die „Behandlung“

vom Erfolg gekrönt!