Ev.–Lutherische Kirchengemeinde Markt Erlbach

Halloween

...Man kann geteilter Meinung über dieses neue Kindervolksfest sein, das uns die Spielzeug- und Süßigkeitenindustrie aus den USA nach Deutschland gebracht hat. Andererseits gibt es bekanntlich fast nichts, dem man nicht einen theologischen Hintersinn abgewinnen könnte.

Den Katholiken müsste dies mit Halloween eigentlich leichtfallen. Denn dies ist der Vorabend von Allerheiligen. Am 1. November gedenken Katholiken der Gemeinschaft mit allen, bekannten und unbekannten Heiligen, die vor Gott Fürbitte halten – eine für viele tröstliche Vorstellung. Am 2. November aber folgt Allerseelen, wo der Seelen im Fegefeuer gedacht wird. So ergibt sich aus Allerheiligen und Allerseelen eine Spannung aus Hoffnung und Furcht, die den christlichen Glauben grundsätzlich auszeichnet. Den Kindervers „Süßes oder Saures“ könnte man als fernes Echo darauf hören.

 

Auch für Protestanten gibt es einen Ausgangspunkt zu einer theologischen Deutung. Das neudeutsche Halloween fällt auf den guten alten Reformationstag. Hier wird der Theologie und Kirchenreform Martin Luthers gedacht. Oft wird der Reformator dabei als Begründer neuzeitlicher Gewissensfreiheit und moderner Christlichkeit gefeiert. Das war er auch, aber nicht nur. Er hatte auch seine dunklen, „mittelalterlichen“ Seiten, litt unter der Furcht vor Gott und der Angst vor dem Teufel. Das ist vielen heute fremd. Aber wir Protestanten haben etwas zu oft Lieder wie „Herr, deine Liebe“ oder „Danke für diesen guten Morgen“ gesungen, sodass wir fast vergessen haben, dass der christliche Glaube auch auf die Abgründe menschlichen Seins hinweist. Diese Seite sollte man nicht überbetonen, aber sie hat ihren Sinn. Zeigt sie doch, dass der Glaube keine Harmlosigkeit ist, sondern dass es in der Ehrfurcht vor Gott auch um Furcht und Zittern geht. Daran könnte uns ein Besuch fröhlicher Gruselkinder aus der Nachbarschaft am Reformationstag erinnern.

 

Aus „Von Laubpustern, Tatoos und anderen christlichen Traditionen“

Von Johann Hinrich Claussen   Verlag: Agentur des Rauhen Hauses Hamburg   2019   Der Autor ist seit 2016 Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

 

 

 

Hier ist der eigentliche Anfang, der aber unnötig für den Text ist:

Ein nicht geringer Vorteil, den es mit sich bringt, in einem Pastorat oder Pfarramt zu wohnen, zeigt sich jedes Jahr am Abend des 31. Oktober: An Halloween muss der Pastor oder Pfarrer viel seltener an die Haustür als seine Nachbarn. Um die religiöse Elementarbildung ist es hierzulande nicht mehr gut bestellt, dennoch wissen viele Kinder noch, dass Halloween kein kirchliches Fest ist und es folglich im Pastorat oder Pfarramt wenig zu holen gibt.